Physikalisches Kolloquium

Jan. 20, 2004 at 5 p.m. c.t. in Hörsaal des Instituts für Kernphysik, Becherweg 45

Prof. Dr. Friederike Schmid
Institut für Physik
friederike.schmid@uni-mainz.de

Prof. Dr. Concettina Sfienti
Institut für Kernphysik
sfienti@uni-mainz.de

Statistische Physik von harten Kugeln und granularen Medien
Dr. Stefan Ludig (Particle Technology, DelftChemTech, Delft, Niederlande)


Granulare Medien (z.B. Sand, Kaffeepulver, Mehl, Getreide) sind im alltäglichen Leben vorkommende (klassische) Vielteilchensysteme, deren Komponenten Energie bei Stössen verlieren -- im Gegensatz zu Molekülen in Gasen. Beteiligt am Energieverlust sind plastische Verformung oder Reibung, und das Ziel dieses Vortrags ist die Untersuchung des Einflusses der mangelnden Energieerhaltung auf die Physik. Anwendungsbeispiele sind Rohr-/Silo-Fluss, Lawinen, Mischungs-/Entmischungseffekte und intergalaktischer Staub oder Planetenringe.

Der klassische gasförmige Zustand, bei dem Teilchen zwischen ihren Stössen lange Zeit/Distanz frei fliegen, wird durch die Kinetische Theorie beschrieben. Ausgehend von den Teilchen-Verteilungs- funktionen, deren zeitliche Entwicklung durch die Boltzmann-Gleichung und deren Erweiterungen gegeben ist, können die Bilanzgleichungen für Masse, Impuls und Energie hergeleitet werden. In granularen Medien kommt ein Zusatzterm in die Energiebilanz, der die Dissipation beinhaltet, und durch die Reibung werden die Rotationsfreiheitsgrade aktiviert.

Das einfachste Modell für ein granulares Gas ist das klassische Harte-Kugel Gas der statistischen Physik. Durch den Energieverlust ergibt sich eine Dichte-Instabilität, die zu interessanten, dynamischen Mustern und Strukturen führt. Die Rotationsfreiheitsgrade werden durch Reibung der Teilchen aneinander aktiviert und man findet, z.B. beim Fluss durch eine Röhre, die Anregung von Stosswellen -- was zu einer Brücken-/Bogenbildung führen kann -- und findet weiterhin eine Spinordnung der Teilchen: Benachbarte Schichten drehen sich in umgekehrter Richtung.