Physikalisches Kolloquium
July 2, 2002 at 5 p.m. c.t. in Hörsaal des Instituts für Kernphysik, Becherweg 45Prof. Dr. Friederike Schmid
Institut für Physik
friederike.schmid@uni-mainz.de
Prof. Dr. Concettina Sfienti
Institut für Kernphysik
sfienti@uni-mainz.de
Die spontane Aggregation der Materie in der Natur erzeugt räumliche Muster unbegrenzter Vielfalt auf Längenskalen, die von molekularen bis zu kosmischen Distanzen reichen.
Schon der visuelle Eindruck aus den Bildern dieser Muster kann qualitative Einsichten über die Evolution und die Funktionalität der entstandenen Strukturen vermitteln. Für eine objektive Analyse braucht man aber quantitative geometrische und topologische Maße, um typische strukturelle Motive vergleichen und diskriminieren zu können.
Im Vortrag wird eine Familie geeigneter Maße – Minkowski-Funktionale – vorgestellt, die eine vollständige Klasse von morphologischen Ordnungsparametern für räumliche Muster bilden.
Diese Funktionale wurden bereits erfolgreich angewendet, z.B. zur Beschreibung thermisch fluktuierender Phasengrenzflächen in Mikroemulsionen und zur Morphometrie von Mustern, wie sie bei spinodaler Entmischung und in Reaktions-Diffusionssystemen auftreten.
Das Beispiel im Vortrag behandelt die Verteilung der Galaxien in der kosmischen Umgebung unserer Milchstraße. Die in den letzten zwei Jahrzehnten durchgeführte und immer tiefer in den Weltraum vordringende Kartografie der leuchtenden Materie ergab ein überraschend komplexes Bild eines hierarchischen Netzwerks von Galaxienclustern und -Superclustern, die riesige Dunkelräume begrenzen.
Die Minkowskischen Maßzahlen liefern eine – von willkürlichen statistischen Hypothesen freie– globale Charakterisierung von Größe, Form und Zusammenhang der beobachteten Galaxienverteilung und stellen damit signifikante Daten für den Vergleich mit Computersimulationen und für die Konstruktion konsistenter Modelle der kosmischen Evolution zur Verfügung.