Physikalisches Kolloquium

Nov. 18, 2008 at 5 p.m. c.t. in Hörsaal des Instituts für Kernphysik, Becherweg 45

Prof. Dr. Friederike Schmid
Institut für Physik
friederike.schmid@uni-mainz.de

Prof. Dr. Concettina Sfienti
Institut für Kernphysik
sfienti@uni-mainz.de

Hochtemperatursupraleitung in Eisen-Arsen-Verbindungen
Prof. Dr. Bernd Büchner (Institut für Festkörperforschung, IFW Dresden)


Die überraschende Entdeckung von Supraleitung in Eisen-Arseniden, speziell in der Verbindung LaO1-xFxFeAs, im Frühjahr 2008 ist international auf größtes Interesse gestoßen und hat zu einer Lawine von Publikationen geführt, die an die erste Zeit der Kupratsupraleiter erinnert. Dieses weltweite Interesse resultiert nicht nur aus den hohen kritischen Temperaturen von bis zu 55 K, die man in dieser neuen Klasse von Hochtemperatursupraleitern beobachtet. Die FeAs-Verbindungen zeigen sehr vielfältige und interessante physikalische Eigenschaften mit einem ausgeprägten Wechselspiel zwischen Struktur, Magnetismus und Supraleitung. Ferner ergibt sich bereits kurz nach der Entdeckung eine große Materialvielfalt und schließlich wird ein immenses Potential für technische Anwendungen deutlich, da viele der Probleme, die bei Anwendungen der Kuprate existieren, hier nicht auftreten. In meinem Vortrag werde ich zunächst wesentliche Charakteristika, wie Stöchiometrie und Kristallstruktur, der verschiedenen intermetallischen und oxidischen FeAs-Hochtemperatursupraleiter vorstellen. Danach werden einige der reichhaltigen Phasendiagramme gezeigt und erläutert, die neben der Supraleitung auch strukturelle und magnetische Phasenwandlungen enthalten. Es werden insbesondere experimentelle Studien der magnetischen Ordnungsphänomene präsentiert und mit theoretischen Beschreibungen verglichen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet der supraleitende Zustand, dessen Charakteristika wie Londonsche Eindringtiefe, kritische Felder, Symmetrie des Ordnungsparameters etc. inzwischen bereits umgehend erforscht wurden. Trotzdem gibt es bislang keine akzeptierte theoretische Erklärung der hohen kritischen Temperaturen. So liefern Bandstrukturrechnungen keine Hinweise auf eine besonders starke Elektron-Phonon-Kopplung und daher werden in theoretischen Arbeiten auch viele exotische Mechanismen diskutiert. Schlüssel zum Verständnis der Supraleitung scheint der normalleitende Zustand zu sein, für den einige Befunde inzwischen durch spektroskopische Studien klar belegt sind. Aktuelle Photoemissionsmessungen zeigen, dass die relevanten elektronischen Zustände bei der Fermi-Energie durch Fe-3d-Elektronen gebildet werden. Ein Vergleich der experimentellen Fermiflächen mit Bandstrukturrechungen ergibt Übereinstimmungen aber auch klare Abweichungen. Die dotierungsabhängigen Transporteigenschaften zeigen zum Teil frappante Ähnlichkeiten zu den Befunden in Kupraten und schließlich deuten magnetische Suszeptibilität und NMR auf magnetische Fluktuationen hin, deren Relevanz für den Mechanismus der Supraleitung inzwischen in vielen theoretischen Modellen diskutiert wird.